#femalefriday: Diamonds are a girl’s best friend!?

21.05.2021 Sara Hirschmüller

Diana, Göttin der Jagd, um 1730/1740, Öl auf Leinwand

Autorin: Lioba Knape (Mitarbeiterin der Kunstvermittlung)

Die junge adelige Dame des Ölgemäldes trägt weder Juwelen noch andere Klunker – mit Ausnahme ihres Kopfschmucks. Anstelle kostbarer Schmuckstücke fällt der mit Ornamenten verzierte Stoff ihres Kleides mit eng geschnürtem Mieder ins Auge. Während diese Kleidung auf das 18. Jahrhundert hindeutet, ist ihre Rolle in der antiken Mythologie zu verorten: Das einst falsch zugeschriebene Porträt einer Unbekannten stellt sie mit Pfeilköcher und Bogen als römische Jagdgöttin Diana dar.

Waidfrau statt Waidmann? Mit gerade einmal sieben Prozent Frauenanteil handelt es sich beim Jagen nach wie vor um eine männliche Aktivität, die mit dem Stereotyp des Ernährers einhergeht. Doch die Jägerschaft wird weiblicher: Der Frauenanteil in ist in den letzten 25 Jahren um ca. 25 Prozent gestiegen, in der Berufsgruppe Förster:in und Jäger:in sind Frauen allerdings nur mit 15 Prozent vertreten.

Der Jäger Actaeon wird Ovid zufolge, nachdem er die Jagdgöttin beim Baden überrascht hat, zur Strafe von ihr in einen Hirsch verwandelt. Seine Hunde, die ihn nicht erkennen, zerfleischen ihn. Obwohl die Szenen nicht dargestellt sind, kann der Hund, welcher Diana begleitet, als indirekter Verweis auf die Sage angesehen werden.

Ebenso wie ihre griechische Entsprechung Artemis gilt die römische Göttin auch als Beschützerin der Frauen und Mädchen: Aufgrund ihrer Rolle als Geburtshelferin galt sie im Mittelalter als heidnische Hexenanführerin. Nach wie vor wird das Berufsfeld der Hebamme und (Kinder-)Krankenschwester mit etwa 85 Prozent vornehmlich von Frauen ausgeübt, was sich nicht zuletzt in der tradierten geschlechterorientierten Berufsbezeichnung widerspiegelt.

Das Bildnis verbindet eine mythologische Figur mit einer realen Person und entspricht somit dem Genre des Rollenporträts; aufgrund des gewählten Bildausschnitts wird es auch als Kniestück bezeichnet.
Im 16. und 17. Jahrhundert waren allegorische Motive weit verbreitet. An Kunstwerken, die göttliche und irdische Figuren ebenbürtig zeigten, wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts hingegen Kritik geübt.

Welche Frauen der Sammlung greifen noch zu den Waffen statt zu Edelsteinen?

Die Friedensaktivistin Bertha von Suttner fordert mit ihrem 1889 veröffentlichten Buch „Die Waffen nieder!“ zur Abrüstung auf und Pax folgt nicht nur in Theodor van Thuldens „Allegorie auf Gerechtigkeit und Frieden“ dieser Aufforderung: Als weibliche Personifikation des Friedens zeigt sie sich ohne Rüstung nahezu unbekleidet. Neben dem Attribut des Hermesstabs trägt sie ein Füllhorn, das Wohlstand symbolisiert – beispielsweise bei der Fruchtbarkeitsgöttin der Felder Ceres bzw. Demeter. Schild und Waffen liegen währenddessen am Boden und ein Putto ist im Begriff, diese einzuschmelzen.
Justitia – ihr entspricht die griechische Göttin Themis – hingegen hält das Schwert wenig angriffslustig im rechten Arm. Es dient als Symbol für ihre Urteilsgewalt und ist neben der hier vom Putto gehaltenen Waage eines ihrer Erkennungsmerkmale. Auf die typische Augenbinde verzichtet der Künstler in dieser Darstellung hingegen.

Auch im etwa 1650 entstandenen Ölgemälde greift eine weiblich anmutende Person zu Schwert und Schild, während alle anderen durch Geschmeide in Form von Schmuck, Gewändern und Instrumenten verzückt sind. Im tempelartigen Ambiente handelt es sich keineswegs um die Göttin Minerva (römisch) oder Athene (griechisch), welche einerseits als kriegerische Göttin mit der Waffenkunst verknüpft ist, andererseits darüber hinaus aber auch als Schirmherrin der Künste dient.
Im Zuge einer List enttarnt sich Achilles, der instinktiv zu den typisch männlichen Waffen greift. Als Mädchen getarnt sollte er unter den Töchtern des Lykomedes aufwachsen, um dem vorhergesagten Tod im trojanischen Krieg zu entkommen.


„Ein zentraler Aspekt der barocken Malerei ist ihr Bemühen, menschliche Verhaltensweisen exemplarisch an Gestalten und Ereignissen aus Geschichte, Mythologie und Religion darzustellen. […] Vorrangiges Anliegen bleibt die zu vermittelnde Moral schwacher oder tugendhafter menschlicher Verhaltensweisen, die der Betrachter diesen Darstellungen entnehmen soll.“
(Angelika Lorenz, KdM April 1994)

Das barocke Lehrstück ist somit ein Zeitzeugnis überholter Geschlechterrollen, wobei einige „traditionelle“ Rollenerwartungen nach wie vor gesellschaftlich nicht von der Hand zu weisen sind.

Welche der folgenden göttlichen Wirkungsbereiche sind aus heutiger Sicht männlich, welche weiblich konnotiert?

Donner – Pracht – Sonne – Schönheit – Liebe – Gerechtigkeit – Morgenröte – Krieg – Jugend – Kaufleute – Regenbogen – Zeit – Künste – Wein – Blumen – Arznei – Felder –  Meer – Jahr – Jagd – Feuer – Keuschheit – Hölle – Gesundheit

Die Tabellen I und II der Götterlehre geben Aufschluss über die ursprüngliche Rollenzuschreibung, denn trotz ihrer Attribute sind die zahlreichen römischen und griechischen Göttinnen oftmals nur schwer auseinanderzuhalten.

Denis van Alsloot & Hendrik de Clerck, Musikalischer Wettstreit zwischen Apollo und Pan: Das Midasurteil, 1615, Öl auf Eichenholz.

Im musikalischen Wettstreit zwischen Apollo und Pan, dem auch Athene und Midas sowie die Musen Satyrn und Nymphen beiwohnen, statten die Maler Apollo mit einem eher weiblich anmutenden Körper aus.

In der Sammlungspräsentation des LWL-Museums für Kunst und Kultur begegnen uns darüber hinaus Naturgöttinnen in Form von attraktiven jungen Frauen. Aufgrund der Beigabe von Blüten, Ähren sowie Beerenfrüchten ist abzulesen, dass sie für die Jahreszeiten Frühling, Sommer und Herbst stehen. In der griechischen Mythologie bilden die Horen eine Gruppe von Göttinnen der Tages- und Jahreszeiten, ihre Namen variieren.

Von den Blumen ausgehend könnte es sich bei der links stehenden Grazie um die römische Göttin Flora, bei der mittleren Figur mit Ähren bspw. um die griechische Demeter handeln. Zu über 90 Prozent üben Frauen den Florist:innnen-Beruf aus, während es deutlich mehr Gärtner und Gartenarchitekten als Gärtnerinnen und Gartenarchitektinnen gibt.

Die drei Grazien lassen sich zugleich durch die Begriffe Anmut, Frohsinn, Jugend, Keuschheit, Schönheit, Liebe und Erotik charakterisieren: So zeigen sich anhand von Dirk de Quade van Ravesteyns Ölgemälde die sogenannten „Waffen einer Frau“.

Dirk de Quade van Ravesteyn, Die drei Grazien als Verkörperung der Jahreszeiten, um 1600,Öl auf Leinwand.

In zahlreichen Porträts der Sammlung spiegeln sich mehr oder weniger (zeit-)typisch geschlechterspezifische Charaktere und Aufgabenbereiche bzw. Berufe sterblicher Frauen wider: vom Milchmädchen über die Schauspielerin und Sängerin, von der Künstlerin, Ehefrau, Mutter, Tochter bis hin zur Managerin!

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Kategorien: Kunstwelten · #femalefriday