Autorin: Katrin Egbringhoff (Mitarbeiterin Kunstvermittlung)
„Du, Katrin, wenn du noch einen Blog-Artikel schreiben möchtest, ich hätte da noch einen zum Tag des Picknicks übrig. Hast du Lust?“ Nun sitzte ich hier etwas ratlos vor dem sprichwörtlichen weißen Blatt Papier und mir schwirrt immer nur ein Song von den Fantastischen Vier im Kopf herum: „Kein Sch**** Mann, ich bin der Picknicker, jeder weiß Mann.“ Allerdings hat dieses Lied wohl eher wenig mit dem wirklichen Picknick zu tun. Aber das Schöne an solchen „Alltagsthemen“ ist ja, dass diese sofort Assoziationen auslösen und man tatsächlich auf diese Art und Weise schneller einen Zugang zu Kunstwerken finden kann.
Es gibt in der Geschichte der Kunst einige berühmte Werke, die Menschen bei einem Picknick zeigen. Sicher ist Eduard Manets Das Frühstück im Grünen von 1863 das bekannteste Beispiel, welches oft, vermutlich bis heute, von Künstler:innen zitiert wird.
Meine Gedanken schweifen aber von den Fanta 4 zu einer Lieblingsserie meiner Kindheit ab: Unsere kleine Farm. Sauber angezogene Kinder im Sonntagskleid und -anzug sitzen mit prall gefüllten Picknickkörben auf Quiltdecken auf der Wiese vor der Dorfkirche ... Stopp. Vermutlich muss man sich wohl ein wenig mit der Geschichte des Picknicks beschäftigen, um die Bedeutung dieses sozialen Ereignisses ein bisschen besser zu verstehen. Blickt man in die Vergangenheit, wird klar, dass das Picknick bereits in der griechischen und römischen Antike praktiziert wurde. Auch Johannes 6,10–14 erzählt von der Brotvermehrung Jesu mit den Worten: „Lasst die Leute sich setzen! Es gab dort nämlich viel Gras. Da setzten sie sich; es waren etwa fünftausend Männer“. (Einheitsübersetzung 2016). Ebenfalls im Mittelalter (z. B. Bauern bei der Feldarbeit) und im Barock (nun vermehrt Adlige) speisten im Freien. Der Name Picknick erscheint aber erst im 17. Jahrhundert. Es gibt verschiedene Möglichkeiten (und Diskussionen) zu der Herkunft. Eine ist die Wortzusammensetzung in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1692: pique-nique. Piquer steht hier für „aufpicken“ und nique für die „Kleinigkeit“.
Der Picknickkorb, welcher die Decke, das Geschirr und das Besteck enthält, kam im 19. Jahrhundert in Großbritannien auf. Im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst gab es 2017 eine Ausstellung zur Geschichte des Picknicks. Die Kuratorinnen untersuchten das „Phänomen Picknick“ quer durch Kulturen und Zeiten und stellten fest, dass das Essen im Freien eine Praxis aller kulturellen Schichten darstelle. Es könne ein verfeinertes Ritual oder auch Alltagsereignis sein: „Das Teilen von Speis und Trank verbindet und stiftet Gemeinschaft; das Picknick in der Natur ist von spielerischer Freiheit geprägt, es kann Entspannung, Ungezwungenheit und bestenfalls die Überwindung gesellschaftlicher Unterschiede ermöglichen“. Das Picknick scheint also ein Thema zu sein, welches sich nicht nur oberflächlich betrachten lässt. Und da kommt mir wieder Unsere kleine Farm in den Sinn. Auch dort speisen alle Stadtbewohner zusammen und augenscheinlich spielen gesellschaftliche Unterschiede weniger eine Rolle als normalerweise.
Nun soll hier allerdings als Erstes ein Werk aus der Sammlung vorgestellt werden, welches die gesellschaftlichen Unterschiede des 17. Jahrhunderts untermauert und diese mithilfe der Auswahl von dargestellten Speisen noch auf üppige Weise betont.