All In: Schwerpunkt Hören

15.01.2021 Sara Hirschmüller

Foto: LWL/Hanna Neander

Autorin: Katharina Kirschkowski (stud. Volontärin Kunstvermittlung)

Wenn ich ein Museum besuchen möchte, dann geht für mich zu Hause die Suche im Internet los, ob sich der Besuch für mich als Schwerhörige überhaupt lohnt. Ich gehe gerne in Museen und nehme gerne an Führungen teil und möchte mehr über die Dinge erfahren, für die ich ins Museum gehen möchte.

Museumsbesuche scheitern für mich dann schon zu Hause. Nämlich dann, wenn ich feststelle, dass die Audio-Systeme im Museum nicht mit meinen Hörhilfen koppelbar sind oder es keine Angebote gibt, die mir auf andere Art die Informationen vermittlen, die vollsinnige Museumsbesucher über ihren Hörsinn bekommen. Oder sie scheitern, weil ich gar keine Informationen dazu bekomme.

Viele Menschen brauchen sich keine Gedanken zu machen, wenn sie mit einem Audio-Guide durch die Sammlung gehen. Kunstwerke zum Ansehen und Informationen darüber zum Hören. Für mich als Schwerhörige ist das anders.

Ich trage ein Cochlea-Implantat – eine Hör-Prothese, ohne die ich nichts hören kann. Am besten kann ich Menschen verstehen, wenn sie mich direkt ansehen und klar und deutlich sprechen. Oder wenn sie sich mit mir in Gebärdensprache unterhalten können.

Was aber für mich als Schwerhörige gilt, kann für die nächsten Schwerhörigen wieder ganz anders sein und erst recht ist es anders für Gehörlose.

Das bedeutet unterm Strich: Es gibt keine Pauschallösung. Alle Infos nur zum Nachlesen anzubieten deckt nicht den Schwerpunkt Hören ab und es würde auch jedem „Normalhörenden“ nicht gefallen, alles nur aus Broschüren erfahren zu können.

Der schönste Museumsbesuch für mich ist einer, bei dem ich nicht erst erklären muss, was eine Halsringschleife ist und was der Unterschied ist zwischen DGS (Deutscher Gebärdensprache) und LBG (Lautsprachbegleitenden Gebärden = deutsche Sprache mit gleichzeitigen Gebärden = keine deutsche Gebärdensprache). Also ein Besuch, bei dem ich auf meine Fragen keine Fragen, sondern Informationen bekomme.

Bei uns im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster kann ich als Schwerhöriger direkt an der Information schon meine Hörhilfe auf das T-Programm schalten. Die Mitarbeiter dort können in ein Mikrofon sprechen und dank der im Boden verlegten Induktionsschleife landet der Ton dann auch direkt bei mir.

Im letzten Jahr wurde dann auch der Wunsch wahr, dass unser Media-Guide jetzt auch für Gehörlose sinnvoll ist. Die Raumtexte, die im Museum an der Wand stehen, sind hier auf DGS übersetzt worden. Wer Gehörlos ist und Deutsche Gebärdensprache spricht, kann sich so auf seiner Sprache informieren, was in den Räumen der Sammlung Thema ist.

Hier zeigt sich auch, warum die Pauschallösung „einfach nachlesen“ nicht reichen würde. Deutsche Gebärdensprache benutzt zwar deutsche Wörter, ist aber eine eigene Sprache mit eigener Grammatik.

Aber auch für Schwerhörige bietet sich das Gerät an – zusammen mit den vorhandenen Halsringschleifen. Statt Kopfhörer kann man diese dazu bekommen und sich die Texte direkt an die Hörhilfe senden lassen. Die Hilfsmittel gibt es also vor Ort und ich muss sie nicht extra mitnehmen und ich kann es trotzdem genau so laut einstellen, wie ich es brauche.

Mit dem Audio-Guide kann ich also als Schwerhörige oder als Gehörlose auch spontan ins Museum und kann mich trotzdem Informieren.

Regelmäßig gebe ich Führungen in LBG, die sich an Schwerhörige und Hörende richten und DGS, die sich an Gehörlose und alle richten, die Gebärdensprache sprechen. Diese Touren sind kostenlos – man muss nur den Eintritt bezahlen. Für die LBG-Touren können auch FM-Anlagen verwendet werden. Auch hier braucht man nur die eigenen Hörhilfen an den Ohren mitbringen. Alles andere ist vorhanden.

Darüber hinaus können auch Workshops und private Führungen oder Touren in DGS oder LBG gebucht werden – das Besucherbüro ist bei uns auch sehr gut per E-Mail und Fax zu erreichen!

Auf der Homepage des Museums findet man schon viele Informationen, die auch auf DGS übersetzt sind und dem Team sind auch Begriffe wie „SRT-Dateien“ (Untertiteldateien) kein Fremdwort mehr. Auf YouTube kann ich bequem den Untertitel mit anschalten – und freue mich über das ein oder andere Video auf deutscher Gebärdensprache, bei dem dann Normalhörende sehr dankbar für Untertitel sind.

Ich hoffe, dass über diese vielen Kanäle und der Sichtbarkeit der Gruppe von Schwerhörigen und Gehörlosen im Museum der Besuch nicht schon zu Hause im Internet scheitert. Kunst und Kultur ist schließlich für ALLE da und es wäre schön, wenn ALLE das begreifen würden.

Die Termine zu den inklusiven Angeboten und Rundgänge in LBG und DGS findet ihr hier auf unserer Homepage.

Kategorie: All In