Kunstwelten: All We Need Is Love #1

13.02.2021 Sara Hirschmüller

Autorin: Laura Nübel (Mitarbeiterin Kunstvermittlung)

Wenn Wet Wet Wet mit Love is All Around aus dem Radio schallt, mag man nicht direkt vermuten, dass die Rede durchaus von der Sammlung des LWL-Museums für Kunst und Kultur in Münster sein könnte. Doch wenn nicht auf den ersten, dann auf den zweiten Blick scheint die Liebe, dieses grenzenlose Gefühl mit den unzähligen Facetten, im Haus zwischen Domplatz und Aegiidimarkt allgegenwärtig zu sein. Diese bekannte Emotion mit dem Kribbeln im Bauch ist nicht nur in der Sammlung zu finden, sondern mag vorweg auch als Ursprung eben dieser zu verstehen sein. Bereits bei der Gründung des Landesmuseums des Westfälischen Provinzialverbandes der Provinz Westfalen aus den Sammlungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, aus denen das heutige LWL-Museum für Kunst und Kultur hervorgegangen ist, stand zweifelsfrei die Leidenschaft und die Liebe zum Sammeln im Vordergrund. Quelle dieser Anziehungskraft ist wiederum die Hingabe und Detailverliebtheit der Künstler, mit denen sie seit Jahrhunderten versuchen, die Schattierungen der Erfahrungen der Menschen einzufangen und für uns Betrachter sichtbar zu machen. Ganz vermessen möchte man meinen, dass dies des Pudels Kern ist oder auch das, was die Welt im Inneren zusammenhält. Denn erst das Nachspüren, Assoziieren und Reflektieren der Betrachter:innen ist das, was der Kunst eine ihrer zentralen Rollen zukommen lässt.

Begeben wir uns nun auf einen Streifzug durch die Sammlung, währenddessen wir eine kleine Auswahl der Liebenden und Leidenden, die sich im Hause befinden, kennenlernen werden.

 

Die "Unnaer Pietà" ist ein Beispiel für die Qualität der Mittelaltersammlung des LWL-Landesmuseums. Foto: LWL

Die erste wohlbekannte Liebe, der wir auf unserem Rundgang begegnen, ist die zwischen einer Mutter und ihrem Sohn. Die Rede ist von Maria und dem Christuskind. Dieser Verbindung wird im Museum sogar ein ganzer Raum gewidmet. In den meisten Werken sitzt das fröhliche Kindlein auf dem Schoß der Mama und spielt in manchen Fällen sogar ganz lebensnah mit ihren Haaren oder ihrer Kleidung. Diese große Liebe mündet in großen Schmerz. Zeugnis für die Verbindung über den Tod hinaus legt die Unnaer Pietà ab, die um 1380 entstand. Pietà, (italienisch, von lateinisch pietas, das heißt Erbarmen/Liebe) wird ein Bildtypus genannt, der zum Mitfühlen in den Stundengebeten anregen sollte. Maria umfasst ihren toten Sohn, zieht ihn sehr eng an sich heran. Ihr ganzer Körper spricht von liebevoller Zuwendung. Ihr ebenmäßiges Gesicht ist vom Verlust gezeichnet. Als ursprünglicher Aufstellungsort der Figurengruppe gilt die Clemenskirche in Unna. Genauer verortet wird sie dort in einer Ecke oder Nische. Durch diese Position boten sich den Gläubigen mehrere Ansichten: So konnten nicht nur die Qualen Christi, sondern auch in besonderer Weise die zärtliche Verbindung von Mutter und Sohn nachempfunden werden.

Kaum ein paar Schritte weiter begegnen wir einem weiteren biblischen Paar, das durch eine gänzlich andere Liebe verbunden wird. Im künstlerischen Erzählen von Liebe im christlichen Kontext des Abendlandes steht es ganz am Anfang. In dem von Lucas Cranach d. Ä. 1525 geschaffenen Werk treffen wir auf Adam und Eva. Sie stehen sehr nah beieinander, wodurch sie ebenso vertraut wirken. Die Szene spricht von Zärtlichkeit und Zuwendung. Adam legt seine Hand auf die von Eva, in welcher sie die verbotene Frucht hält. Der Sündenfall steht noch bevor. Wir werden hier Zeuge einer wichtigen Entwicklung in der Bildtradition: Gerne wurde dieses Motiv genutzt, um eine der wenigen Möglichkeiten auszuschöpfen, einen Akt darzustellen. Zunächst fand sich jedoch in diesem Sujet ein beziehungsloses Nebeneinander von Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntnis. Ab dem 15. Jahrhundert weicht diese Distanz immer mehr einer erotisch-romantisierten und aufgeladenen Zuwendung, wie wir sie hier vorfinden.

Fortsetzung folgt!

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Kategorie: Kunstwelten