Autorin: Laura Nübel (Mitarbeiterin Kunstvermittlung)
Bleiben wir bei den mächtigen Erzählungen von Liebe, so wird unser Weg gekreuzt vom talentierten Tristan und der schönen Isolde. Melchior Lechter schuf 1896 das „Tristan und Isolde-Fenster“ für sein Berliner Wohnatelier. Der Legende nach wirbt Tristan stellvertretend für seinen Onkel um die irische Prinzessin Isolde. Auf ihrer Heimreise trinken die Unglücklichen jedoch versehentlich einen Liebestrank und verlieben sich unsterblich ineinander. Treffen im Verborgenen folgen. Wie es kommen musste, werden sie entdeckt und getrennt. Tristan stirbt darauf an einer Kriegsverletzung. Isolde erkrankt und stirbt ebenfalls. Lechter beschäftigte sich mit symbolistischen Themen, im Besonderen mit dem Spektrum der menschlichen Gefühle. Ihn interessierten explizit das Leiden Tristans und die Sehnsucht Isoldes. Isoldes nackter, heller Körper wird umweht von ihrem langen flammenden Haar. Sie umgeben gleichfarbige Gräser und Lilien. Diese Attribute symbolisieren Leidenschaft und Sinnlichkeit. Alle Bildelemente in ihrer Bildhälfte sind in Tristans Richtung geneigt. Wie zur Umarmung, fast ekstatisch, reckt er ihr seine Arme entgegen. Tristans leidend geballte Fäuste und die sehnsüchtig an den Kopf geschlagenen Hände Isoldes spiegeln sich in der schmerzerfüllten Mimik der Verliebten. Zu den Füßen der Figuren windet sich eine Schlange, die neben dem Bildaufbau (vgl. das vergangene Kunstwerk) als „Anspielung auf den Sündenfall und den schmerzvollen Verlust des Paradieses, der nur durch den Tod überwunden werden kann“, gedeutet werden kann.